Oasen-Zeit in der Pandemie

„Das tut mir jedes Mal gut.“ So positiv urteilt eine Bewohnerin mit Behinderung im „Haus vom Guten Hirten“ in Münster. Was sie so schätzt, ist die „Oasen-Zeit“, ein spirituelles Angebot, das die Damhorst-Stiftung finanziell fördert.

 

Projekt-Koordinator Michael Bastian beschreibt die Initiative: „Die Oase soll eine Quelle der Kraft sein, ein Ort, an dem mehr geboten wird als Essen, Trinken und Ruhe. An diesem Ort soll erfahrbar werden, dass da einer ist, der die Hand über die Menschen hält, der seine Engel schickt, um die Menschen zu behüten, mit dem man reden kann, dem man seine Klagen vortragen kann, den man um etwas bitten und dem man nicht zuletzt danken kann.“ Im besten Fall helfe eine Oasen-Zeit, „um innerlich zur Ruhe zur kommen“ – wie nötig und heilsam gerade in Zeiten einer beklemmenden Pandemie!

 

DER GLAUBE HAT KRAFT GEGEBEN

Die Stifter Hildegard und Paul Damhorst haben ihr Leben aus tiefer christlicher Überzeugung gestaltet. Über die anstrengende Erziehung ihrer drei Söhne mit geistiger Behinderung hat Hildegard Damhorst geurteilt: „Der Glaube hat Kraft gegeben.“ Deshalb hat das Ehepaar auch bewusst eine kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts gegründet. Sie soll insbesondere Menschen mit Behinderung eine erfüllte Freizeit ermöglichen. Nach der Einschätzung des Stifter-Paares gibt es zum Beispiel in Wohnheimen „kaum Angebote zur geistlichen Betreuung“, wegen Überlastung des Personals und wegen fehlender spiritueller Kompetenz. Umso erfreuter war das Kuratorium über die Initiative für geistliche Impulse aus dem „Haus vom Guten Hirten“, die inzwischen auf so positive Rückmeldungen treffen, dass sie mit Förderung der Stiftung weiterhin angeboten werden sollen.

 

In der „Oasen-Zeit“ entsteht für die TeilnehmerInnen im „Haus vom Guten Hirten“, allesamt Menschen mit geistiger oder seelischer Behinderung, ein Raum für Entspannung mit wohltuenden Klängen von Klangschalen, Gelegenheit zum Singen und Nach-Innen-Lauschen mit „Liedern für die Seele“, Entspannung durch achtsame, leicht nachvollziehbare Atemübungen, und nicht zuletzt Vertrautheit durch den Austausch und das Mit-Denken über spirituelle Themen und Themen des Lebens. „Das tut mir jedes Mal so gut“, erzählt eine TeilnehmerIn nach der „Oasen-Zeit“, „ich war heute den ganzen Tag so unruhig. Aber jetzt fühle ich mich wieder ganz ruhig und entspannt.“

 

KANN MAN GOTT SEHEN?

Die TeilnehmerInnen haben sich vor allem auf das gemeinsame Singen der „Seelenlieder“ gefreut. Doch nach den ersten Terminen musste Corona-bedingt leider eine Änderung vorgenommen werden: Gemeinsames Singen war nicht länger erlaubt, seither wird gemeinsam gelauscht. Ulrike Bastian, Heilpraktikerin und ehemalige Lehrerin für Musik und Religion, gestaltet die „Oasen-Zeiten“. Mit einem Schmunzeln erzählt sie, dass sie nach dem Gesangsverbot die Texthefte extra nicht ausgeteilt habe, damit niemand in die Versuchung käme, doch mitzusingen. Darauf folgte die verschmitzte Frage einer TeilnehmerIn: „Wenn man das Lied aber auswendig kann, darf man dann mitsingen?“

 

Jede „Oasen-Stunde“ widmet sich einem Lebens- bzw. Seelenthema, das mit passenden Liedern und Texten beleuchtet wird. Es geht um Themen wie Vertrauen, Schenken und Beschenkt-Werden, um das Akzeptieren dessen, was ist. Es geht um Fragen wie: Was ist eigentlich die Seele? Kann man Gott sehen? Es geht um die Schöpfung, um Naturelemente.

 

STÄRKUNG IN QUARANTÄNE-ZEITEN

Phasen des aktiven Mitmachens und Mitdenkens wechseln sich ab mit entspanntem Zurücklehnen und Lauschen. Der Austausch ist rege. Anhand von „Mit-Denk-Zetteln“ werden auch diejenigen ermutigt, ihre Gedanken auszudrücken, die sich in der Runde nicht äußern möchten. Fast alle TeilnehmerInnen aber möchten sich äußern und nehmen die Gelegenheit dazu gern wahr.

 

Zwischenzeitlich musste eine weitere Planänderung vorgenommen werden: Die BewohnerInnen leben in Quarantäne. Sie werden aber nicht allein gelassen. Die „Oasen-Zeiten“ leisten einen wichtigen Beitrag dazu, die belastende Quarantäne-Phase gut zu überstehen.

 

VIDEO-ÜBERTRAGUNG AUS DER KAPELLE

Aus der Kapelle des „Hauses vom Guten Hirten“ wird seither jeden Freitag die „Oasen-Zeit“ per Video in die Zimmer der BewohnerInnen übertragen. Nach dem Motto: „Was dem Körper guttut, tut auch der Seele gut“ werden die Menschen an ihren Fernsehern zunächst einmal mit einfachen Übungen dazu animiert, tief Atem zu holen. Ulrike Bastian betont: „Wir sorgen dafür, dass die Lungen frische Luft bekommen. Denn dann bestehen gute Chancen, gesund zu bleiben. Und das hält gleichzeitig den Geist frisch.“

 

Zusätzlich gibt es jedes Mal ein Thema mit passenden Texten und passender Musik. Weil die Phase des Austauschs nicht stattfinden kann, werden diese Impulse nun in die Klänge der Klangschalen eingebettet. Dem Interesse der BewohnerInnen an der „Oasen-Zeit“ tut dies keinen Abbruch, wie ein Beispiel veranschaulicht. Eine Teilnehmerin hat an einem Freitagmorgen bei der Heimleiterin angerufen: „Ich wollte mich nur erkundigen, ob heute wieder die ,Oasen-Zeit‘ stattfindet. Das ist für mich immer wie eine kleine Andacht.“